Allgemein, Beziehung zu deinem Kind
Schreibe einen Kommentar

Wie du dein Kind trösten kannst – Flieg Aua, flieg!

Trösten Kinder liebevoll begleiten Sonja Martin Elterncoaching Bonn Beratung Familenberatung

Zuletzt aktualisiert am 3. Februar 2019

Von “Stell dich nicht so an. – Ist nichts passiert.” bis zu “Du brauchst nicht zu weinen. – Du hast keinen Grund zu weinen. – Ein Indianer kennt keinen Schmerz.” – Habe ich alles schon gehört. Für alle, die verstehen wollen, warum Trösten sinnvoll ist, ist dieser Artikel.

Warum Trösten wichtig ist

Es ist extrem wichtig ein Kind zu trösten und nicht zu sagen: “Das ist nicht so schlimm, du brauchst nicht weinen.” Oder ähnliches.

Nimm dein Kind ernst!

Alles andere verdirbt das Selbstwertgefühl deines Kindes und seine Selbstwahrnehmung.

Das kommt so: Das Kind spürt Schmerz. Es denkt, dass das hier verdammt weh tut. Oder, falls es sprachlich noch nicht so weit entwickelt ist, denkt es zumindest unbewusst: Da ist Schmerz.

Nun kommt die Rückmeldung eines vertrauten Erwachsenen: “Ist nicht so schlimm.” Wem soll das Kind glauben? Sich selbst, seiner Körperwahrnehmung oder dem Erwachsenen?

Das Kind wird dem Erwachsenen glauben und den Fehler bei sich suchen. Das machen Kinder. Das ist in ihnen so angelegt, da sie die Bindung zum Erwachsenen nicht verlieren dürfen. Sie glauben also dem Erwachsenen und werten die eigene Empfindung ab.

Durch ein empathische Trösten, zeigen wir dem Kind, dass wir seinen Schmerz verstehen. Wir werten seinen Schmerz nicht ab, sondern sind einfach nur da.

Wir wollen nichts beschleunigen, sondern dem Kind beistehen bis es ihm besser geht. Und da hilft auch Pusten.

Das Prinzip der lateralen Hemmung

Ich hatte es nie für möglich gehalten, doch in meinem Studium der Neurowissenschaften lernte ich eines Tages das Prinzip der lateralen Hemmung kennen. Das Spannende ist, dass die Schmerzempfindung nicht nur von der Gewebeschädigung abhängt:

Man kann sich das so vorstellen: Unser Körper nimmt einen Schmerzreiz wahr. Mit Hilfe der Nozizeptoren auf der Haut und im Gewebe. Wenn wir uns verletzen, wird das Gewebe geschädigt.

Für den Vorgang der Schmerzwahrnehmung ist es nur wichtig wie stark und wie viele Nozizeptoren aktiviert werden. Diese Information wird in den aufsteigenden Nervenbahnen, den Afferenzen, weitergeleitet.

Es gibt neben den Nozizeptoren andere Rezeptoren (A-beta-Fasern), die schon bei geringen Reizen reagieren und Informationen an das Gehirn senden. Ein leichter Reiz ist zum Beispiel das Pusten.

Die Weiterleitung dieser beiden Impulse: Schmerz (Nozizeption) und Pusten (sensorische A-beta-Fasern), werden bereits während der Schmerzweiterleitung im Rückenmark so verschaltet, dass die Informationen durch das Pusten hemmend auf den Schmerz einwirken.

Pusten hilft also wirklich. Auch neurophysiologisch.

Die Neurophysiologie gilt natürlich auch für Erwachsene. Kinder kommt auch ihre Phantasie und Vorstellungskraft zugute.

Kinder zwischen 2 und 6 sind besonders empfänglich für das “Pusten”

Das liegt daran, dass Kinder in diesem Alter im “magischen” Alter sind. Sie glauben an Fabelwesen, Hexen, Monster, Feen und den Weihnachtsmann. Und sie glauben daran, wenn Mama oder Papa sagen, dass das Aua aus dem Fenster fliegt, dass es das wirklich tut.

Warum sollte das Aua auch nicht einfach wegfliegen können? Die magische Welt der Kinder ist beim Trösten ein Vorteil, den wir nutzen sollten.

Ein Reim oder ein Spruch ist auch immer schön. Ich habe in einem Kinderbuch folgenden Reim gelesen und verwende ihn bis heute:

Heile, heile Wunde,

Heile, heile Entendreck,

In hundert Jahren ist alles weg.

Der Spruch ist lustig und er gefällt meiner Tochter. Das ist das Wichtigste. Du kannst auch jeden anderen Spruch nehmen.

Es mag vom Alter abhängen oder von persönlichen Vorlieben. Wer keinen Spruch mag, mag vielleicht eins der folgenden Gimmicks.

Kühlpack und Plaster

Für mich sind Kühlpack und Pflaster der Heile-Heile-Wund-Spruch für die Großen. Denen ist der Spruch jetzt zu doof. Daher muss jetzt das Kühlpack oder ein Pflaster her.

Der Effekt ist derselbe: Es ist der Glaube daran, dass es gleich besser wird.

Bei Erwachsenen spricht man vom Placebo-Effekt. Es mag Verletzungen geben bei denen es sinnvoll ist zu kühlen. Ich bin keine Ärztin. Mein persönlicher Eindruck jedoch ist, dass Kinder vor allem den Trost brauchen, der in einem Kühlpack oder Plaster steckt.

Vor allem aber zählt beim Trösten, dass du einfach da bist.

Warte so lange bis dein Kind nicht mehr weint

Dein Kind braucht Hilfe, um sich selbst zu regulieren. Es hat gerade Schmerzen, oder es hat sich sehr erschreckt.

Halte es so lange im Arm, bis es sich von selbst wieder löst. Sprich den Spruch, puste, wenn es sich weh getan hat.

Sag deinem Kind, was passiert ist. “Du bist hingefallen, das hat bestimmt dolle weh getan. Das habe ich gesehen. – Ich puste mal.” Sei empathisch. Jüngere Kinder können noch nicht selbst erfassen was passiert ist, sondern sind von dem Erlebnis überwältigt. Verwende klare einfach Worte. Beschreibe kurz was passiert ist. Das zeigt deinem Kind, du hast es gesehen, du bist da. Du hast Klarheit und Sicherheit. Dein Kind kann sich bei dir entspannen.

Das Gleiche gilt, wenn sich das Kind sehr erschreckt hat. Klare Worte tun in diesem Fall gut. “Das war laut, oder? Du hast dich ganz schön erschreckt.”

Wenn dein Kind weint: Sag ihm einfach: “Ich bin da. Es ist ok. Ich bin da.”

Sei wirklich okay damit, dass dein Kind weint

Erlaube deinem Kind, dass es weinen darf. Jedes Gefühl hat seine Berechtigung. Freude, Trauer, Wut, Schmerz. Jedes Gefühl ist gleich wertvoll. Wenn auch nicht gleich angenehm.

Erlaube deinem Kind, zu weinen. Egal, ob du von den Leuten am Bahnsteig blöd angeguckt wirst. Du nimmst deine Zeit, um dein Kind zu trösten. Es muss NICHT aufhören zu weinen.

Entspanne dich selbst. Vertraue auf dein Kind, dass es sich in seiner Zeit selbst beruhigen wird. Achte auf deinen eigenen Atem. Atme ruhig, sodass sich dein Kind co-entspannen kann.

Gerade bei jüngeren Kindern hilft es das Kind ganz nah bei sich zu halten und ruhig zu atmen. Das Kind wird seine Atemfrequenz nach einer Weile ebenfalls verlangsamen und sich entspannen.

Dein Kind wird wissen, dass du für es da bist. Dass es so angenommen wird, wie es ist. Es braucht nicht anders sein, um geliebt zu werden.

Es ist gut so wie es ist!

 

 

Wenn du jemanden kennst, dem der Arktikel ebenfalls gefallen könnte, klicke auf teilen:

Teile diesen Blogpost mit deinen Freund*innen:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert